Die Verkehrszählung an der Ecke Schott- und Fanningerstraße hat gezeigt: In zwei Monaten rollten an der Ecke eine Viertelmillion Kfz vorbei. Regelmäßig staut sich der Verkehr am Nachmittag von der Frankfurter Allee bis tief in den Kiez hinein. Es ist nicht verwunderlich, dass nur etwa 15% der der Menschen zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind.
Diese Zahlen decken sich mit unserem Eindruck der beiden Nachmittage mit unseren Meckerecken am 28. April und 5. Mai vor Ort. Wir wurden zwischen den eher ungemütlichen Pkw im Stop and Go-Verkehr von den Passant*innen umso freundlicher empfangen, unter denen viele Eltern mit Kindern und mobilitätseingeschränkte Menschen waren. Wir verteilten Flyer, notierten Ideen und nahmen den Ärger der Passant*innen auf. Diese Notizen hängten wir dann an einer Wäscheleine auf.
Gleichzeitig waren diese Nachmittage für uns als Team aus ehrenamtlichen Aktiven die Möglichkeit, uns nach vielen coronabedingten Online-Treffen endlich mal in Echt und in Farbe zu sehen und besser kennenzulernen. Herzlich empfangen wurden wir durch das Team von “Aufatmen”, vor deren Begegnungszentrum wir unsere “Meckerecke” aufgebaut hatten.
Wir haben noch viel zu tun
Unsere Nachbar*innen aus Alt-Lichtenberg hatten spannendes Feedback für uns: Sie beklagen, dass es an Grün fehlt im Kiez. Der Verkehr ist laut, die Luft verschmutzt. Der regelmäßige Stau am Nachmittag stört auch die Menschen in den ansässigen Büros. Es gibt kaum sichere Straßenüberquerungen für Menschen, die zu Fuß, im Rollstuhl oder auf dem Rad unterwegs sind. Genannt werden uns gleich mehrere Kreuzungen der Fanninger-, etwa mit der Schott-, der Atzpodien- und der Siegfriedstraße.
Anwohnende der Bornitzstraße beklagen ebenso fehlende Überquerungsmöglichkeiten und erhöhte Geschwindigkeit des motorisierten Individualverkehrs. Auch fehlt es an Radwegen. Das Kopfsteinpflaster in der Magdalenenstraße sowie am Roedeliusplatz “zwingt” bzw. verleitet die die Radfahrenden die Gehwege zu nutzen. Parkende Autos versperren Überwege und Sicht und machen so zusätzlich die Überquerung schwierig bis unmöglich. Insbesondere mobilitätseingeschränkte Menschen jeden Alters haben hier schlechte Karten. Die ÖPNV-Haltestellen im Kiez sind auch nur bedingt barrierefrei gestaltet.
Ein ähnliches Bild zeichnet sich im Lindenhof ab, wie uns berichtet wird. Die geltende Geschwindigkeitsbegrenzung von 10 km/h in der “Spielstraße” (“Verkehrsberuhigte Zone”) wird von Pkw-Fahrenden oft nicht eingehalten – und Gehwege gibt es nicht. Der Frust der Anwohnenden ist hier so groß, dass sich die Mieter*innen bereits organisieren und sich direkt vernetzen möchten.
Jugendliche berichteten, dass ihnen die Radsituation auf den Straßen zu gefährlich ist und sie deswegen weiter auf den Gehwegen fahren – was in Konflikte mit dem Ordnungsamt mündet, da sie eigentlich auf der Straße fahren sollen. Auch sonst fehlt es an öffentlichen Plätzen und Angeboten für Jugendliche und Kinder.
Konsens bestand darin, dass die Situation sich in der Vergangenheit stark verschärft hat und es offensichtlich ist, dass der Kiez diese Verkehrslast auf Dauer nicht weiter stemmen kann. Neben dem anhaltenden Bevölkerungswachstum in Alt-Lichtenberg (u. a. durch weitere Verdichtung und Neubauprojekte im privaten und gewerblichen Bereich) sorgen auch Fahrten durch den Kiez, die lediglich als Abkürzung dienen, der bekannte Durchgangs- oder Schleichverkehr, für eine Verstärkung des Problems.
An kreativen Ideen mangelt es nicht
Es gibt auch aber Positives zu berichten. Viel Lob bekommen die Spielplätze. Doch diese sind schnell überfüllt und leider kaum sicher erreichbar, wie z. B. der Spielplatz auf dem Roedeliusplatz und der an der Gotlindestraße. Manche Menschen kommen ins Träumen: von Gemeinschaftsgärten und schönen Plätzen, die zum Verweilen einladen und den Kiezcharakter beleben.
Für uns waren diese Auftaktaktionen eine tolle Gelegenheit, mit unseren Nachbar*innen ins Gespräch zu kommen. Mit vielen neuen Ideen und frischer Motivation gehen unsere Planungen weiter, um uns diesen Sommer mit weiteren Aktionen im Kiez sichtbar zu machen und für die Verkehrswende in Lichtenberg einzustehen.